Wie kam es überhaupt zu dem (jetzigen) Projekt ?

Fragen und Antworten zum Sanatorium


 Wie kam es, zu dem Projekt, zur Verkleinerung des Projektes und zu der ganzen Verunsicherung der Bevölkerung ?

Seit dem 31. März 2010 gibt es eine Internetseite www.parlamentsumzug.be, die von den parteipolitisch unabhängigen hauptamtlichen Mitarbeitern des Parlamentes erstellt wurde und die sich zum Ziel gesetzt hat, die Bürger über Zahlen, Daten und Fakten zum Umzug des Parlamentes ständig auf dem Laufenden zu halten.
Jeder Bürger kann dort - unabhängig von Parteipositionen - alle aktuellen Informationen abrufen - und sie mit dem vergleichen, was die einzelnen Parteien sagen oder gesagt haben.

Die hier nachfolgende Zusammenfassung  in Frage-Antwort-Form wurde Anfang März 2010, einen Monat vor der oben erwähnten offiziellen Seite und kurz vor der Abstimmung im Parlament, von der ProDg-Fraktion erstellt. 

Diese Seite war zu keinem Zeitpunkt anonym, wie einige behauptet haben, sondern ist von der ProDG-Fraktion an ihre Mitglieder - in Ermangelung eines funktionierenden Newsletters (mangelhafte Leistung des damaligen Providers der ProDG-Webseite) verschickt worden. Auch hat die ProDG-Fraktion öffentlich in Facebook-Posts auf sie hingewiesen.



Ein Vergleich mit der später online gegangenen offiziellen Seite der Parlamentsverwaltung www.parlamentsumzug.be belegt deutlich, dass ProDG die ganze Affäre von Beginn an sehr sachlich und objektiv angegangen ist
Im Frühjahr 2010 wurde die Akte Sanatorium abgestimmt im Parlament, Mehrheit gegen Opposition, wie erwartet. Das Projekt wurde damals auf 16,65 Millionen gedeckelt
Da die Summe trotzdem noch hoch ist, ist es sicher  nützlich, die Sachlage und die Entwicklung noch einmal Revue passieren zu lassen. 

Frage 1: Brauchen wir ein Parlament, dass so viel kostet wie 62 Häuser?

Das ist im Grunde die Kernfrage, die ein Parlamentarier der kleinsten Oppositionspartei auf populistische Weise in die Diskussion gebracht hat. Nur ist er dabei sehr unredlich vorgegangen:
 

Wenn man schon einen simplen Vergleich mit Häusern heranzieht, dann sollte man dem Bürger auch alles andere genau so einfach verdeutlichen:
Der Um- und Ausbau des Sanatoriums zum zukünftigen Parlament kostet in der Tat so viel wie 62 Häuser auf 30 Jahre berechnet, also 2 Häuser pro Jahr.

Auf den ersten Blick ist das viel, zumal wenn man den Wert der Häuser auch noch in belgischen Franken beziffert ...

Aber man kann die Sache auch realistischer betrachten: Die DG hat eine jährliche Dotation von umgerechnet 600 Häusern pro Jahr, um mal bei dem populistischen Beispiel zu bleiben.
Fast die Hälfte davon, also fast 300 Häuser pro Jahr werden jedes Jahr in den Unterricht investiert, noch einmal 300 in Altenheime, Krankenhäuser, Familienhilfsdienste, Behindertenwesen, Kultur, Sport usw. usw.

Sind da zwei Häuser pro Jahr über einen Zeitraum von dreißig Jahren zu viel für ein Parlament und seine mehr als dreißig Mitarbeiter, von deren Arbeit und Einsatz alle Bürger der DG ständig die Früchte ernten ?

Frage 2: Wie war der Werdegang des Projektes "Parlamentsumzug" und wo war er Ende 2009 angekommen ?

Das können Sie auf der Internetseite des Parlamentes www.dgparlament.be nachlesen: Die "Arbeitsgruppe Bau" des Parlamentes der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat nach den (parteipolitisch inszenierten) Protesten von Ende 2009 Architekturbüros Kempe & Thill gebeten, zum Ursprungsprojekt Projekt von 22,4 Millionen Euro verbilligte Alternativen auszuarbeiten
In ihrer Sitzung vom 3. März 2010 nahm die Arbeitsgruppe eine überarbeitete Projektausführung des Architekturbüros Kempe & Thill zur Kenntnis: Die Zweckbestimmung wurde auf die rein parlamentarische Nutzung des Sanatoriums beschränkt und die Kosten belaufen sich auf 16,65 Millionen Euro – alles inklusive, d.h.
  • Erschließung,

    Vorderansicht der neuen Projektvariante
  • Baukonstruktion,
  • Haustechnik,
  • Außenanlagen samt Parkplätzen,
  • Ausstattung und Einrichtung ,
  • Planungskosten,
  • Mehrwertsteuer,
  • 5 Prozent für Unvorhergesehenes.

 

 Frage 3: Wie sah das Projekt denn vorher aus?
























Nach jahrelangen Planungen gemeinsamen Überlegungen aller Parlamentsfraktionen  hatte es im Herbst 2009 ein Vorprojekt für ein Parlament mit einer multifunktionellen Nutzung als Konferenzzentrum für Eupen mit Räumlichkeiten für externe Dienstleister gegeben.
oben auf der Skizze sieht man, wie das Ganze wohl ausgesehen hätte:

Das Projekt umfasste die Renovierung des Altbaus mit einem vorgelagertem Neubau von 2550 m2 Fläche.
Der Anbau enthielt einen Plenarsaal und zwei Ausschuss-Säle, alle multifunktional nutzbar als Kongressinfrastruktur.
Die Gesamtkosten für diese Variante wurden auf 22,4 Millionen Euro geschätzt. In diesem Preis waren - im Gegensatz zu früher genannten Zahlen für erste Vorprojekte - ALLE Kosten enthalten, selbst die Mehrwertsteuer und Kosten für Unvorhergesehenes.

Weil vorher Zahlen in Höhe von 11,5 Millionen Euro (ohne MWS, ohne Vorstudien ...) im Umlauf gewesen waren, sprach man in der Presse jetzt von "Kostenexplosion" und Größenwahn. Daraufhin regte sich Widerstand aus der Bevölkerung und der Presse, sodass die Arbeitsgruppe das Beratungsbüro Drees & Sommer mit der Analyse von drei neuen Varianten beauftragte.
Welche Alternativen gab es am 8. Februar 2010 ? 
Am 8. Februar 2010 legte das Büro drei neue Schätzungen vor.
  • Die Variante 1 (Abriss des Sanatoriums und Neubau eines Parlamentes) wurde auf 16,54 Millionen Euro geschätzt,
  • Variante 2 (Sanierung des Sanatoriums und Unterbringung des gesamten Raumbedarfs in diesem Gebäude) auf 16,14 Millionen Euro
  • und letztlich die Variante 3 (Sanierung des Sanatoriums und Anbau eines Plenarsaales) auf 19,31 bis 19,76 Millionen Euro. 
Bei den Varianten 1 und 2 meldete das Studienbüro Drees und Sommer, Berater und Gegenexperte zum Architektenteam Kempe-Thill, allerdings juristische Bedenken an:
Mit diesen Varianten werde eine Neuausschreibung erforderlich. Der Architektenwettbewerb und der Preisträger Atelier Kempe-Thill sei damit ausgehebelt.

Aus diesem Grunde müsse man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass es zu gerichtlichen Schadensersatzklagen kommen werde

Um diesen Aspekt zu prüfen wurde ein juristisches Gutachten eingeholt, welches am 2. März eintraf.

Leider wurde in diesem Gutachten die Befürchtung bestätigt, dass die Varianten 1 und 2 rechtlich fragwürdig seien und wahrscheinlich zu Klagen führen würden.
Nur in einem Fall sah das Gutachten kein juristisches Risiko, nämlich dann, wenn die wesentlichen Merkmale des Objektes, d.h. das architektonische Grundkonzept und die Zweckbestimmung des Anbaus (Plenarsaal), erhalten bleiben, wenn also Variante 3 verwirklicht würde.


Da aber die Variante 3 auf 19,7 Millionen geschätzt wurde, befand man sich am 8. Februar in einer Zwickmühle: Abreißen und neu bauen oder einfach umbauen ohne Anbau waren zwar preiswerter (16,1, bzw. 16,5 Millionen) als die Variante mit verkleinertem Anbau (19,7 Millionen), brachten aber das Risiko von Schadensersatzklagen in Höhe von bis zu 2 Millionen mit sich. Was tun ?
Fazit: Neuer Auftrag an die Architekten: Variante 3 überarbeiten und stark verbilligen

Die Arbeitsgruppe Bau erteilte dem Atlier Kempe & Thill und dem Büro Drees & Sommer erneut einen Auftrag: die Variante 3, Umbau mit kleinem Anbau" neu zu bearbeiten" und um drei Millionen Euro zu verbilligen.
Am 3. März 2010 wurde diese neue Variante, sozusagen die "Variante 3bis" in Höhe von 16,65 Millionen allen Parlamentariern vorgestellt.

Vorweg stellte man fest, dass diese Variante fast ein Drittel billiger war als das ursprünglich vorgesehene große Projekt vom November 2009. Dies zeigt die Abbildung, wo der neue Anbau in schwarzer Farbe über den ursprünglich vorgesehenen Anbau in rot gelegt ist
Der  Anbau des Plenarsaales blieb im Projekt drin, wodurch das hohe juristische Risiko einer Schadensersatzforderung ausgeschlossen wurde.
die Fläche des Plenarsaales lag nun bei 560 m2, aber der Saal wurde niedriger vorgesehen, von 6m Höhe auf 4 Meter reduziert.

Die Gesamtfläche des ursprünglich vorgesehenen Anbaus wurde von ursprünglich 2.550 m² auf 560 m² verringert, also auf ein Fünftel reduziert ! Das bedeutete allerdings, dass die gesamte Belüftungstechnik nicht im Anbau, sondern im Altbau untergebracht werden musste. Somit fiel die gesamte oberste Etage als mögliche Fläche für externe Dienstleister weg.

Wodurch konnten die Kosten denn noch um drei Millionen reduziert werden?
Die nochmalige Kostenreduzierung ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass
  • das Dachgeschoss und ein Teil des Untergeschosses aufgrund des reduzierten Raumprogramms nicht ausgebaut werden,
  • eine neue Anordnung der Besprechungsräume im Altbau vorgenommen wird und der Plenarsaal verkleinert wird,
  • die Ausschussräume im Altbau untergebracht werden,
  • die Nutzfläche von ursprünglich 4.686 m2 auf 3.352 m2 reduziert wird
Die folgende Gegenüberstellung der Skizzen vorher-nachher zeigt deutlich, dass drei Viertel der vorgesehenen Neubaufläche abgespeckt wurden, nicht nur in der Fläche, sondern auch in der Höhe des Plenarsaales.

vorher:                                                                                

     

 nachher:
           
  


Die Verkleinerung des Anbaus ähnelte  ästhetisch dem großen Entwurf, würde also keinerlei juristische Probleme nach sich ziehen.

Na, dann ist doch mit Variante 3 alles in Butter, oder?

Eigentlich ja, auf den ersten Blick. Es gibt aber doch noch einen Wermutstropfen in der Variante 3bis für 16,65 Millionen, und zwar folgender:
Das Dachgeschoss wird in der Variante von 16,6 Millionen nicht ausgebaut. Das ist schade, denn gerade dieses Dachgeschoss würde sich hervorragend für eine öffentliche Nutzung eignen mit Cafétaria, Aussichtsterrasse, Ausstellungs- und Versammlungsräumen für andere öffentliche Einrichtungen, usw.
Eine Ertüchtigung mit Ausbau des Dachgeschosses würde mit rund 600.000 Euro Mehrkosten zu Buche schlagen, die Variante also auf 17,2 Mio verteuern. 
Kam es denn jetzt auf diese 600.000 Euro an?
Tja, da hätte schon ein deutliches Signal aus verantwortlichen Kreisen Eupens, aus der Presse, aus der Opposition und aus der Eupener Bevölkerung kommen müssen.
Ecolo befürwortete übrigens aus der Opposition heraus den Ausbau des Dachstuhles, hätte aber gerne die Variante zwei verwirklicht, also einfachen Umbau ohne angebauten Plenarsaal.
Das Problem bei der von Ecolo bevorzugten Lösung waren aber die zu erwartenden Klagen vor Gericht, die mit Sicherheit
  1. die ganze Angelegenheit zeitlich stark verzögern hätten, und damit auch das gesamte Karussell am Kaperberg,
  2. mehr kosten würden als 600.000 Euro
Eine Option "Variante 3 ter" also die Variante von 16,6 Millionen plus ausgebautem Dachstuhl zu 600.000, also Gesamtkosten von 17,2 Mio wäre vielleicht die pragmatisch beste Lösung gewesen.
Dazu konnte sich die Ecolo-Fraktion aber nicht durchringen, auch schlug sie die juristischen und statischen Bedenken in den Wind und beharrte auf der Unterbringung des Plenarsaales im Altbau.

Das war für Ecolo die Gelegenheit, aus dem Projekt auszusteigen, das sie mit angestoßen hatten, als sie noch in der Regierungsverantwortung standen und das sie immer ganz und gar mitgetragen hatten, auch in den teureren Versionen.


 
Frage 3: Ist der Umzug überhaupt nötig? Wer ist überhaupt dafür oder dagegen?

Der Wergzug vom Kaperberg ist eindeutig nötig, da dies der einzige Weg ist, dem Staatsarchiv, der Pater-Damian-Schule, dem Parlament selbst und den Verwaltungsangestellten des Parlamentes vernünftige Arbeitsbedingungen zu verschaffen.
Die betroffenen Einrichtungen (Staatsarchiv, Pater-Damian-Schule, Parlamentsverwaltung) haben mehrfach öffentlich klar betont, dass ees für sie keine bessere Lösung gibt. Bisher hat auch noch niemand eine bessere Alternative vorstellen können.

Dafür ist die Mehrheit und alle Betroffenen, dagegen ist die Opposition,
außer Ecolo
, vgl. Zitat vom 6. März im GE wörtlich:
Dass das Parlament Platznot hat, steht außer Frage. Ein Sekretariat im Flur, eine Druckerei, in der man vor lauter Maschinen und Kisten keinen Fuß vor den anderen setzen kann, ein Parlamentsarchiv, das aus allen Nähten platzt, und ein Plenarsaal, in dem man Gefahr läuft, sich beim Gang zwischen die Bänke die Hose aufzureißen. Das sind doch keine Arbeitsbedingungen! Der Umzug ist also nötig. Mit Variante 1 war ein alternativer Neubau auf der grünen Wiese berechnet worden. Auch diese Lösung wäre nicht wesentlich günstiger geworden.
Frage 4: Hat man überhaupt andere Lösungen ernsthaft geprüft?
Wer spricht dafür oder dagegen ?
Seit 2001 machen sich Experten und Politiker Gedanken um dieses Problem, seitdem sind viele andere Möglichkeiten untersucht worden: von Enteignungen, Wegzug der Schule, Wegzug des Staatsarchivs usw. usw – über den Gedanken an ein Konferenzzentrum ... bis hin zu der jetzigen Lösung, welche die preisgünstigste war und immer noch ist.

Unzählige Versammlungen und Begegnungen mit den Betroffenen haben stattgefunden, die schließlich zu dem uns jetzt bekannten Resultat geführt haben.
Dafür: die Mehrheit und die betroffenen Einrichtungen, strikt dagegen CSP (die anfangs dafür war und deren Schöffin aus der Sicht der Stadt EUpen das Projekt noch 2007 in den höchsten Tönen gelobt hatte ) und Vivant.
Ecolo nimmt auch hier eine Sonderstellung ein, vgl. GE vom 6. März 2010, Interview mit K-H Braun: Ich habe während meiner Kindheit und Jugend in unmittelbarer Nähe des Sanatoriums gewohnt. Für mich und für viele andere Eupener gehört das »Sana« einfach zum Stadtbild. Das kollektive Scheibler-Trauma sitzt tief. Die Zukunft gestalten kann nur der, der seine Vergangenheit kennt. Es muss nicht jedes Zeitzeugnis abgerissen werden, nur weil dessen Erhalt Geld kostet. Der Umzug löst zwei Probleme: zum einen die sinnvolle Verwendung des Gebäudes und zum anderen die Platznot des Parlaments und seiner Verwaltung.”
Frage 5: Ist das alles nicht zu teuer ? Selbstbedienungsladen für Politiker, Größenwahnsinn?

Keiner unserer Politiker hat persönlich etwas davon. Trotzdem ist es in einer Demokratie von großer Bedeutung, dass das gesetzgebende Parlament und seine Verwaltungsbeamten gute Arbeit machen können, denn die kommt jedem Bürger in vielen Formen direkt zu Gute, auch wenn er es oft gar nicht mehr wahrnimmt.
16,6 oder 17,2 Millionen Euro (alles einbegriffen, auch die MWS und Unvorhergesehenes) für das Parlament bedeuten gut 200 Euro pro Bürger, mit Zinsen auf 30 Jahre verteilt 400 Euro pro Bürger, macht also alles in allem 13 Euro pro Jahr pro Bürger über 30 Jahre.(Vgl auch oben: 0,3 Prozent oder 62 Häuser ...)
Ist uns die Chance, selbst Gesetze zu erlassen für Unterricht, Beschäftigung, Kultur, Soziales, Gemeindeaufsicht, usw. das wert? Das ist letztlich die Frage, um die es geht.
Ist es uns wichtig, dass wir für unsere Schulen, Krankenhäuser, Altenheime, Behinderteneinrichtungen, Arbeitsamt ... selbst Gesetze erlassen können und verantwortung tragen ? Sind wir bereit, uns dafür ein Parlament von 13 Euro pro Jahr pro Bürger zu "leisten" ? Das ist doch letztlich die Frage !

Das sieht die Opposition aber etwas anders ...
Das stimmt nur zum Teil. Vivant und CSP bleiben bei ihrer strikten Ablehnung.
Ein Teil der Opposition, Ecolo, geht nüchtern und sachlich an das Thema heran , man sehe sich in diesem Zusammenhang das Zitat des Ecolo-Vertreters Braun im GE vom 6. März 2010 an:
Ich selbst habe nichts vom Sanatorium. Ich werde dort keinen Quadratmeter erben und auch kein eigenes Büro haben. Wichtig ist, dass unsere Parlamentsverwaltung, die mit viel Hingabe unsere legislative Arbeit unterstützt, vernünftige Arbeitsbedingungen erhält. Wichtig ist, dass sich Besucher im Parlament wohl fühlen und etwas darüber erfahren, welch einzigartige Chance es ist, autonom Gesetze schreiben zu können. Wichtig ist, dass wir unsere Gäste und Partner auf Augenhöhe empfangen können. Wichtig ist, dass wir Politiker ohne Hochmut - aber auch ohne falsche Bescheidenheit - unsere Gesetzgebungshoheit in einem angemessenen Rahmen und im Dienst an die Bevölkerung wahrnehmen.” ... “Auf der Welle der Politikverdrossenheit zu reiten, ist zwar bequemer, aber in meinen Augen kontraproduktiv.”
Frage 6: Die PDS baut doch sowieso, hat Vivant gesagt. Also warum noch wegziehen ?

Es heißt in der Tat im GE-Interview mit dem Vivant-Frontmann Ende Februar wörtlich:
“Allerdings bekommt die PDS sowieso einen Neubau auf dem hinteren Parkplatz des Parlamentes für 5 Millionen Euro, dieser beherbergt u.a. eine Aula mit 700 Sitzplätzen. Dieser Neubau entsteht, ob das Parlament umzieht oder nicht. Die Baupläne liegen vor und die Mittel sind genehmigt, man könnte schnellstmöglich anfangen.”
Das ist eine böswillige Verdrehung: Es stimmt zwar, dass es die Pläne für das PDS jetzt gibt, aber die konnten nur erstellt werden, weil 2001 und 2006 das Parlament beschlossen hatte, dass es wegziehen würde.
Das Grundstück, auf dem die PDS baut, gehört nämlich dem Parlament und dient bisher noch als Parkplatz für die Verwaltungsmitarbeiter des Parlaments und die Parlamentarier selbst, wenn denn überhaupt Platz ist.
Erst nachdem dieses grüne Licht gegeben war, konnte sich die Schule an die Planung geben, nicht einfach “sowieso” ...

Frage 7: Es heißt dass der Quadratmeterpreis hoch ist. 1400 Euro pro Quadrat. Ein Parlament für 1.400 Euro pro Quadratmeter: Luxus, Wahnsinn oder angemessen ?

Wenn ich mir in einem abgelegenen Eifeldorf ein Haus bauen will, muss ich 200.000 bis 250.000 Euro für eine Fläche von 150 m2 einkalkulieren, also 1300 bis 1700 Euro/m2.
Wenn ich in Eupen oder Kettenis ein Appartement kaufen will, muss ich 2.200 Euro pro m2 bezahlen.
Das Parlament wird also so teuer wie Wohnfläche in der Eifel oder ein Drittel billiger als normale Wohnfläche in Eupen oder Kettenis. Wo ist hier eigentlich das Problem ?
Oder wer hat daraus ein Problem gemacht ?

Frage 7 B: Wie berechnet man die Kosten im Baugewerbe ?
Man spricht beim Bauen von mehreren Kostengruppen (KG):
KG 200: Erschließung (Rohre, Kabel, Zuleitungen, Abflüsse ...)
KG 300: Baukonstruktion
KG 400: Haustechnik (Beleuchtung, Lüftung ...)
KG 500: Außenanlagen
KG 600: Ausstattung
KG 700: Baunebenkosten (Honorare, Gutachten , Steuern, Mehrwertsteuer ...)

Frage 7C: Wie ermittelt man denn korrekte, vergleichbare Quadratmeterpreise ?
Für die Ermittlung der Quadratmeterpreise werden nicht alle Kosten herangezogen, sondern nur zwei der sieben Kostengruppen: KG 300 reine Baukosten und KG 400, Haustechnik (Elektro, Heizung, Belüftung, ...) OHNE Mehrwertsteuer.
Die teilt man durch die bebaute Bruttofläche, also alle Bauteile des Gebäudes innerhalb der Außenkanten der Fassade. Das Ergebnis ist ein Preis pro m2. Das wird international so gehandhabt.


Was wird denn darin nicht berechnet ?
Damit Vergleiche möglich sind, berücksichtigt man für die Berechnung der Kosten pro m2 die Kostengruppen 300 und 400. Das leuchtet auch ein, denn Erschließungswege können unterschiedlich lang sein, Außenanlagen gibt es in auch jeder Preislage, Die Innenausstattung kann ebenfalls von schlicht bis prunkvoll reichen und Nebenkosten für Gutachten fallen nicht immer an, für MWS gibt es unterschiedliche Sätze...

Wieso kursieren denn so unterschiedliche Quadratmeterpreise ?
In den ersten Kostenschätzungen, die veröffentlicht worden sind, z.B. im Preis von 11,5 Millionen waren nicht alle Kostengruppen einbegriffen, in den Preisen 22,4 Millionen oder 19,7 Millionen sehr wohl.
Auch in den jetzigen Varianten 16,2 oder 17,2 Millionen, (je nachdem, ob man das Dachgeschoss öffentlich zugänglich machen will oder nicht), sind alle Kosten aufgeführt und zusammengerechnet, einschließlich Mehrwertsteuer und einer Reservesumme von 5% für Unvorhergesehenes.
Der Posten Unvorhergesehenes dürfte allerdings verschwindend gering ausfallen bei all den Studien und Untersuchungen, die schon im Vorfeld gemacht worden sind.
Wenn man bei der letzten Gesamtsumme von März 2010 (16.65 Millionen) die MWS, die Ausstattung, die Außenanlagen usw. weglassen würde, so wie es bei der ersten Summe (11,5) der Fall war, dann käme man jetzt auf eine Summe von 11,9 Millionen.
Es hat also nie eine wirkliche Kostenexplosion gegeben, schon gar keine Verdoppelung, lediglich eine Kostzensteigerung von 400.000 Euro in drei Jahren.


Ist das zu viel, damit Parlament und Verwaltung vernünftig arbeiten können? Es ist letztlich diese Frage, um die es geht in der ganzen Debatte.
Wer behauptet, dass Kosten für ein Parlament Prestigekosten sind und dem Bürger nicht direkt zugute kommen oder (Zitat Vivant:) “angesichts der Bedürfnisse und Probleme der Menschen in der DG moralisch nicht vertretbar” seien, ist kein Demokrat und versteht nicht viel davon, wie eine Demokratie funktioniert.

Egal ob 5000 €/m2 oder nur 1400 €/m2, das Geld fehlt uns doch jetzt in Krisenzeiten !
Ach ja, die Krise lässt sich so schön verwenden, um Stimmung zu machen!Dabei sollte man gerade in Krisenzeiten die Wirtschaft durch die Öffentöiche Hand ankurbeln.
Der Vivant-Sprecher hat in seinem GE Interview kürzlich sogar behauptet, dass aufgrund dieser Wahnsinnsprojekte die Finanzlage der DG ins Wanken gerät.”
Das ist nicht nur haltloser Quatsch, sondern böswillige Panikmache. Jeder Parlamentarier weiß, dass es sich bei dem gesamten Projekt um 0,3 Prozent des Haushaltes handelt. Mit anderen Worten: von hundert Euro, die wir im DG-Haushalt haben, geben wir dreißig Jahre lang dreißig Cent (!!!) dafür aus, dass die Mitarbeiter des Parlamentes vernünftige Arbeitsbedingungen haben. Ist das Wahnsinn ? Gerät dadurch die Finanzlage der DDG ins Wanken ?
Mit solchen Scheinargumenten fördert man den Stillstand, verschärft man gar noch die Krise, wenn man überhaupt immer von einer wirklichen Krise sprechen kann. Auf jeden Fall ist sicher, dass ein Parlamentarier, der dies behauptet, auf diese Weise die Realität auf's Gröbste verzerrt, seine Kollegen verleumdet und letztlich die Politikverdrossenheit weiter fördert.
Außerdem handelt jeder weitsichtige Geschäftsmann  jetzt genau so wie unsere Politiker: Jetzt, in Krisenzeiten, investieren !!! Man muss nur mal ein Auge darauf werfen, was einer der heftigsten Kritiker des Projektes im gleichen Zeitraum in seiner eigenen Firma getan hat !

Aber jeder weiß doch, dass öffentliche Projekte  immer teurer werden als geplant ! Also landen wir doch bei 20 Millionen am Ende !
Oben wurde bereits gesagt, dass so viele Vorstudien gemacht wurden, dass die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist.
Das sieht übrigens auch Ecolo-Vertreter Karl-Heinz Braun so, als er auf diesen Punkt in seinem Interview vom Samstag, 6. März angesprochen wurde.
Wörtliches Zitat: "Ecolo ist in dieser Hinsicht verhalten optimistisch. Erstens sind die Baupreise in den letzten zwölf Monaten leicht gefallen. Dies wurde in den Schätzungen absichtlich nicht berücksichtigt. Zweitens ist die Vorstudie sehr detailliert. Schadstoffanalysen und zahlreiche Analysen der Bausubstanz schützen uns vor bösen Überraschungen. Und drittens sind trotzdem noch fünf Prozent der Bausumme für Unvorhergesehenes einkalkuliert worden."

Aber “werden jetzt bei allen Dienstleistungen am Bürger 3 Millionen Euro pro Jahr eingespart.” Ein Skandal? Das behautet jedenfalls Vivant.
Auch das ist nicht wahr. Da vermischt er in typischer Vivant-Manier wieder einmal Äpfel und Birnen zu einem undefinierbaren Kompott.
Übrigens sieht das ebenfalls nicht die ganze Opposition so: noch einmal Karl-Heinz Braun und sein GE-Interview vom 6. März 2010 im wörtlichen Zitat:
Unser Vorschlag der Minimalvariante zielt darauf ab, die Verschuldung der DG so gering wie möglich zu halten. Die Haushaltssimulation gibt uns die Gewissheit, dass die finanziellen Belastungen für das Sanatorium verkraftbar sind...

Vivant vermischt hier die laufenden Ausgaben mit dem außerordentlichen Haushalt. Nicht dass Balter&Co keine Bilanz lesen könnten, schlimmer: sie können Bilanzen und Haushalte lesen, reden aber so wie Hinz und Kunz an der Theke, der das nicht unbedingt kann.
(Übrigens ist "Hinz und Kunz" keine Beleidigung, sondern eine deutsche Redewendung und Synonym für „Jedermann“)
Wer aus 0,3 Prozent des Haushaltes (30 Cent von Hundert Euro) einen Popanz macht, vernebelt die Fakten und begeht bewusste Irreführung der Bevölkerung.Und das ist - genau wie der Frontalangriff im September - "außer Spesen nichts gewesen" (Zitat Balter) reine Vernebelung. Die Wirklichkeit sieht ein wenig anders aus:

Die aktuelle Mehrheit führt seit Jahren eine strenge Finanzpolitik und achtet peinlichst genau darauf, dass die Ausgaben für den außerordentlichen Haushalt, also beispielsweise auch für Bauten wie das Sanatorium oder Schulen oder Kulturzentren, nicht über 15% des Gesamthaushaltes liegen werden. Das Sanatorium ist in der Simulation sogar in der teuren Fassung eingetragen und absolut verkraftbar. Außerdem greifen die Verpflichtungen für das Sanatorium erst ab 2013/2014, wenn die Finanzkrise (hoffentlich) fast überwunden ist. Aber gerade in Krisenzeiten muss in Schulen, Altenheime, Krankenhäuser, Behinderteneinrichtungen und öffentliche Instrumente zur Verwaltung dieser Aufgaben investiert werden, also auch ins Parlament. Das sind wir unseren Kindern und Enkeln schuldig.

Mit den Einsparungen im laufenden Haushalt, (die bisher noch niemandem wirklich wehgetan haben) hat das Sanatorium rein gar nichts zu tun. Wenn ein unbedarfter Bürger an der Theke  so daherredet, dann kann man dafür noch Verständnis aufbringen, aber wenn Politiker wider besseren Wissens solchen populistischen Unsinn verbreiten ist das ein Skandal!

Kommen wir zum Schluss: Welches wäre die beste Lösung gewesen ?
Das große Projekt war ja schon im Dezember 2009 nach den Protesten und öffentlichen Debatten gestorben.
Eupen sollte ein vielseitig verwendbares Mehrzweckgebäude  bekommen mit Räumlichkeiten für externe Dienstleister der DG, jetzt bekommt die DG in Eupen ein Parlament ohne Mehrzweckfunktion als Konferenzzentrum.
Neben dem Umbau des Bestandsgebäudes kommt es zu einem kleinen Anbau für den Plenarsaal Das Ursprungs-Anbauprojekt wurde also auf ein Fünftel der ursprünglich vorgesehenen Fläche zurückgefahren.
Das gesamte Projekt mit Zins und Zinseszins betrifft 0,3 Prozent, also drei Promille des Haushaltes der DG über dreißig Jahre hinweg, ermöglicht aber dem Staatsarchiv und der Pater-Damian-Schule den lang ersehnten Ausbau.

Das Projekt wurde aber zu einem Riesenpopanz aufgeblasen  mit dem Ergebnis, dass die Politikverdrossenheit noch weiter geschürt worden ist und das Ansehen des Parlamentes noch weiter gelitten hat.

Die Verabschiedung des abgespeckten Projektes erfolgte im März 2010 mit den Stimmen der Mehrheit gegen die der Opposition. Das war angesichts der künstlich aufgebauschten Polemik vorhersehbar, ist aber trotzdem schade.
In anderen Parlamenten herrscht meist das Bestreben, in Fragen, welche die Arbeitsbedingungen der Parlamentarier und der Parlamentsverwaltung betreffen, parteiübergreifend einen Konsens zu erreichen, hierzulande hat man sich zu einem ähnlich würdigen Politikstil leider
nicht durchringen können.




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